Arbeiten an U-5-Tunnel verzögern sich um ein halbes Jahr
Nahe dem Alex wird der U-5-Tunnel erweitert. Jetzt stellt sich heraus: Die Statik der Konstruktion aus den 20er Jahren ist zu schwach.
VON KLAUS KURPJUWEIT
Das war eine böse Überraschung: Der alte U-Bahn-Tunnel der BVG unter der Rathausstraße am Alexanderplatz entspricht schon seit Jahren nicht mehr den heutigen statischen Normen. Die vorhandenen Stützen müssen jetzt verstärkt werden. Außerdem müssen weitere eingebaut werden. Die Arbeiten am Lückenschluss der U5 verzögern sich in diesem Bereich nun um ein halbes Jahr. Auf den Eröffnungstermin der Strecke vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor Ende 2020 wirke sich dies aber nicht aus, heißt es.
Keine akute Einsturzgefahr
Eine akute Einsturzgefahr habe nicht bestanden, versichern der Projektleiter für den U-5-Bau, Jörg Seegers, und BVG-Sprecherin Petra Reetz. Dass der Tunnel nur nicht „gewusst“ habe, dass er einstürzen könne, und nur deshalb heil geblieben sei, sei eine übertriebene Äußerung von Mitarbeitern auf der Baustelle.
Beim Graben eines Lochs von der Oberfläche zur Tunneldecke habe man sich gewundert, dass man tiefer gehen musste als in den Plänen stand, sagte Seegers dem Tagesspiegel. Die Schicht über dem Tunnel sei rund 70 Zentimeter höher als angenommen. Und damit auch die Last, die auf die Tunneldecke drückt.
Er ist in den 1920er Jahren gebaut worden und wurde von der BVG als Abstell-. und Kehranlage für die Züge der heutigen U5 (Hönow–Alexanderplatz) genutzt. Um die Gleise des Lückenschlusses zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor anschließen zu können, wird der alte Tunnel derzeit umgebaut. Er erhält Rampen, die nach oben zum Bahnhof Rotes Rathausführen und nach unten zu einer neuer Abstellanlage. Bei diesen Arbeiten ist die „Überlast“ festgestellt worden. Das Bezirksamt Mitte hat die Rathausstraße ab der Einmündung Gontardstraße bis zur Baustelle der U 5 bereits im April vorsorglich für den Kraftfahrzeugverkehr bis auf weiteres gesperrt.
Müller muss mit Baustelle leben
Wenig freuen wird sich auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der seit Amtsantritt mit der schon beim Einzug ins Rote Rathaus vorhandenen Baustelle leben muss. An der Rathausstraße muss nach Angaben von Seegers auch nach Abschluss der U-Bahn-Arbeiten weiter gebaut werden. Von der zu hohen Last auf dem dem Tunnel müsse man noch etwas abnehmen, nur dann könnten die verstärkten und die zusätzlichen Stützen die Tunneldecke tragen. Das lärmintensive Bauen setzt sich also fort.
Warum die Schicht über dem Tunnel höher als angenommen ist, ist unklar. Seegers vermutet, dass bei Arbeiten an der Straße im Verlauf der Jahre immer einfach aufgeschichtet worden ist. Bei der BVG nimmt man an, das Wachsen sei beim Bau des Fernsehturms und beim Anlegen des Platzes um ihn herum entstanden.
Der Tunnel hätte noch mehr zu tragen gehabt, wenn, wie es vor Jahren im Gespräch war, die Straßenbahn über die Rathausstraße gefahren wäre. Eine Einsturzgefahr hätte aber auch dann nicht bestanden, sagte Reetz. Vor dem Bau der Gleise hätte man Probebohrungen vorgenommen und die zu hohe Last festgestellt.
Die Bohrungen bleiben spannend
Bohrungen gibt es derzeit auch beim Lückenschluss. Am künftigen Bahnhof Museumsinsel werden derzeit die Röhren für das Vereisen des Bodens waagrecht von zwei kleinen Baugruben aus in den Boden getrieben. Der Untergrund muss vereist werden, damit kein Grundwasser in die Baugrube eindringt. Anders kann der Bahnhof nicht gebaut werden, weil er zum Teil unter dem Spreekanal liegt. 105 dieser Bohrungen, in die dann Rohre eingebaut werden, durch die das Vereisungsmittel fließen wird. Mit minus 37 Grad.
Über dem künftigen Bahnhof sowie auf seiner Höhe sind die Bohrungen nach Seegers Angaben abgeschlossen. Derzeit ist man beim schwierigsten Teil – dem Bohren unterhalb der Station. 6 von 35 erforderlichen Bohrungen seien auch dort bereits fertig, sagte Seegers. Und wie erwartet – oder befürchtet – sei man auch bereits auf Findlinge gestoßen. Noch waren sie aber keine unüberwindlichen Hindernisse. Allerdings hätten schon mehrere Bohrköpfe ersetzt werden müssen, sagte Seegers.
Die Bohrungen bleiben spannend. Sollte eine Findling im Weg stehen, der aufwändig durchbohrt oder „umfahren“ werden muss, ist der Terminplan nicht mehr zu halten. Die einst eingeplanten Reserven sind aufgebraucht. Wenn alles klappt, könnte das Vereisen im Dezember beginnen. Es wäre dann wie ein Weihnachtsgeschenk.
Quelle: Der Tagesspiegel