Aus für Fischerinsel-Hochhaus: WBM darf Wohnturm nicht bauen
(Von Dirk Jericho) Das heftig umstrittene Hochhaus auf dem Eckgrundstück Fischerinsel/Mühlendamm wird nicht gebaut. Der Aufsichtsrat der WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte hat am 6. Oktober beschlossen, „eine alternative Planungsvariante weiterzuverfolgen“, wie die WBM bestätigt.
„Ärgerlich“ nennt Philipp Wehage die Entscheidung gegen das Hochhaus. Mehr will der Chef des Berliner Architekturbüros DMSW im Moment nicht sagen. Der Architekt hatte mit seinem Team 2015 den europaweiten Wettbewerb von Senat und WBM gewonnen. Auch wegen der kommenden Auseinandersetzungen mit der WBM um entgangene Gewinne hält sich Wehage erstmal zurück. DMSW hatte auf der als Parkplatz genutzten Freifläche eine U-förmige Blockrandschließung entlang Fischerinsel und Mühlendamm mit acht Geschossen geplant, aus deren Sockel am Mühlendamm zur Mühlendammbrücke hin ein 19-geschossiges Hochhaus (58 Meter) emporwächst. Der Jury gefiel die Abstufung von den DDR-Hochhäusern aus den 1970-er Jahren mit 21 Stockwerken und 65 Metern Höhe zur gegenüberliegenden Bebauung. Auf politischen Druck wurde das Projekt jetzt gestoppt. Nach jahrelangen Planungen, Bürgerprotesten und bereits entstandenen Kosten von mindestens 1,5 Millionen Euro soll nun der Entwurf des Drittplatzierten aus dem europaweiten Wettbewerb umgesetzt werden. Für den Entwurf der Hamburger Blauraum Architekten hatte sich auch die Fischerinsel-Initiative ausgesprochen. Die Anwohner hatten 1000 Unterschriften gegen den Wohnturm gesammelt. Der Grund: Verschattung, eingeschränkte Durchlüftung und Wegfall der Parkplätze. Im Planwerk Innere Stadt der Senatsbauverwaltung von 1999 war an der Stelle auch kein Hochhaus vorgesehen. Die Blauraum Architekten planen eine achtgeschossige Blockrandbebauung. Mit 180 Wohnungen hat der Entwurf 28 weniger als in der Turmvariante. Zudem ist der gesamte Innenbereich mit einem Geschoss überbaut. Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) war ebenfalls für den Blauraum-Entwurf. Er bestätigt die Entscheidung gegen das Hochhaus und dankte der WBM für ihr Entgegenkommen. Dass sich WBM-Chef Jan Robert Kowalewski mit seiner Forderung nicht durchsetzen konnte, dass der Senat die WBM von der Kooperationsvereinbarung freistellt, wenn diese auf den Turmbau verzichtet, ist Gothe „egal“. Ihm sei wichtig, dass viele günstige Wohnungen gebaut werden. Kowalewski hatte auf der letzten Bürgerversammlung im August gesagt, dass die WBM die siebenstelligen Mehrkosten nur wuppen könne, wenn der Senat sie von der Kooperationsvereinbarung freistelle. Die sieht vor, dass die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften bei Neubauten 50 Prozent der Wohnungen zu 6,50 Euro pro Quadratmeter anbieten müssen. Die andere Hälfte soll im Durchschnitt nicht teurer als zehn Quadratmeter sein. Um den WBM-Turm gibt es seit Bekanntwerden der Jury-Entscheidung Streit. Gothes Vorgänger Carsten Spallek (CDU) hatte 2016 den Entwurf abgelehnt, weil das 19-geschossige Hochhaus nicht in die Umgebung passe und die bestehenden Strukturen störe. Der damalige Bausenator Andreas Geisel (SPD) wollte das WBM-Hochhaus jedoch genehmigen und machte in einem Brief Druck auf den Bezirk. Dann kamen die Berlin-Wahlen und Katrin Lompscher von den Linken wurde Bausenatorin. Die Fischerinsel ist eine Hochburg der Linken. Und so wurden die Hochhaupläne zum Ärger der WBM jetzt beerdigt. Wer die Mehrkosten trägt, ist völlig offen. „Die Fischerinsel ist städtebaulich ein hoch interessanter Standort für Ergänzungsbauten im historischen Kontext. Wir freuen uns, nun in die Umsetzung unseres Wohnungsbauprojektes gehen zu können“, sagt WBM-Chef Jan Robert Kowalewski jetzt diplomatisch. Baubeginn ist wegen der Neuplanungen frühestes Ende 2019. DJ
Quelle: Berliner Woche