Radfahrer - So sieht die Fahrradstraße der Zukunft aus
Die Linienstraße in Mitte ist etwas Besonderes, sagt Johannes Schneider. Und das sollen die Menschen, die dort unterwegs sind, bald auch sehen. Die Bezirksverordnetenversammlung Mitte hat beschlossen, dass ein 25 Zentimeter breiter grüner Strich auf die Fahrbahn gemalt wird.
Auf Kreuzungen wiederum sind große rote Flächen geplant, die an einen roten Teppich erinnern. „Beides soll zeigen, dass es sich um einen speziellen Verkehrsweg handelt“, erklärt Johannes Schneider, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion ist. Die Linienstraße ist eine Fahrradstraße, seit zehn Jahren schon. Aber noch immer wüssten viele nicht, was das heißt, so der Bezirksverordnete. Geplant ist nun ein Pilotprojekt, zu dem nicht nur farbige Markierungen gehören. Die Linienstraße soll Vorbild werden – für Berlin und für viele andere Städte.
Mit einem grünen Strich: Die Simulation zeigt, wie die Linienstraße in der östlichen Innenstadt umgestaltet werden soll.
Foto: Sabine Gudath
Kein Durchgangsverkehr mehr
„Doch längst nicht jeder weiß, was es bedeutet“, so Schneider. Der 30-Jährige, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag arbeitet, ist selbst oft auf der Linienstraße unterwegs. Nicht immer tritt er dort allein in die Pedale: „Dann kommt es vor, dass wir angehupt werden, weil wir nebeneinander fahren.“ Dabei ist das erlaubt. Festgelegt wurde auch: Tempo 30. Falls nötig, müssen Autos noch langsamer fahren. In der Linienstraße ist nur Anliegerverkehr erlaubt – aber kaum jemand hält sich daran.
Geplant ist nun, den Durchgangsverkehr mit Einbahnstraßenregelungen draußen zu halten. Der Beschluss von Mitte sieht auch vor, die Linienstraße fast durchgehend als Vorfahrtsstraße auszuschildern. Bislang stand die Verkehrslenkung Berlins Wünschen, die Linienstraße zur Vorfahrtstraße zu machen, äußerst skeptisch gegenüber.
Dabei gebe es in Bremen bereits Fahrradstraßen, die so beschildert seien – rechtskonform, so Schneider. „Es ist Unsinn, Fahrradstraßen einzurichten und die Radfahrer dann an jeder Ecke auszubremsen“, pflichtet Jens Tittmann, Sprecher des Bremer Verkehrssenators Joachim Lohse (Grüne), bei. „Rad- und Autoverkehr lassen sich nur entkoppeln, wenn Fahrradstraßen attraktiv sind.“
Vorbild Bremen
Der Senat hielt sich bedeckt. „Die Meinungsbildung bei uns startet erst, wenn das Thema vom Bezirk an uns herangetragen wird“, sagt Matthias Tang, Sprecher von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). Vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club gibt es Lob. „Das Maßnahmenpaket ist der richtige Weg, um die Probleme mit den Fahrradstraßen in den Griff zu bekommen – zu viel Durchgangsverkehr und zu wenig Sichtbarkeit des Vorrangs für Radfahrende“, sagt Sprecher Philipp Poll. „Die Farbe Grün ist sinnvoll gewählt.“ Auch der ADAC findet Fahrradstraßen gut. Denn sie ziehen Radfahrer an. Hauptstraßen würden entlastet und für Autos leichter passierbar, heißt es.
In Bremen, wo die Fahrradstraße einst erfunden wurde, ist man schon weiter. „Wir gehen dazu über, ganze Fahrradquartiere auszuweisen, in denen alle Straßen Fahrradstraßen sind“, so Jens Tittmann. In der Hansestadt gebe es rund 20 Fahrradstraßen. „Wären wir so groß wie Berlin, hätten wir 140.“
Fahrradstraße: Was ist das?
Knapp 20 Fahrradstraßen gibt es in Berlin – eine davon ist die Linienstraße in Mitte, die nach dem Beschluss des Bezirksparlaments nun sicherer gestaltet werden soll. Autos dürfen dort fahren, doch es gilt Tempo 30. Falls nötig, müssen Autos, Lkw und Motorräder noch langsamer fahren. Wenn Radler nebeneinander fahren – nicht hupen! Auf Fahrradstraßen ist das erlaubt!
Fahrradstraße? Was ist das denn? Das fragen sich viele. Dabei gibt es das Konzept schon lange. 1978 wurde es in Bremen vorgestellt, 1997 bundesweit in der Straßenverkehrsordnung verankert. Drei Jahre später wurde die Alberichstraße in Biesdorf als erste Fahrradstraße Berlins ausgeschildert. Heute prangt das quadratische blau-weiße Verkehrszeichen in dieser Stadt an fast 20 Straßen.
– Quelle: https://www.berliner-kurier.de/29559268 ©2018