Staatsbibliothek Unter den Linden
Tag der offenen Baustelle an der Staatsbibliothek Unter den Linden, die sechs Jahre später fertig und 144 Millionen Euro teurer wird als geplant. (von Philipp Seifert)
Seit 2005 wird gebaut. 2018 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein – sechs Jahre später als geplant. Mittlerweile sind, so das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), bereits 80 Prozent der Arbeiten abgeschlossen. Was bisher passiert ist und was noch ansteht, zeigte die Berliner Staatsbibliothek Unter den Linden am Sonnabend zum Tag der offenen Baustelle interessierten Besuchern. Vier Touren wurden angeboten. Zum einen konnten die Besucher die bereits sanierten Säle im Süden und den großen Lesesaal im Zentrum des Gebäudes auf eigene Faust erkunden. Daneben gab es eine Führung durch das Magazin.
Den größten Andrang fand jedoch der Rundgang durch die sich noch im Bau befindliche sogenannte „Erschließungsachse“ vom Haupteingang an der Straße Unter den Linden, durch die große Treppenhalle über das zentrale Vestibül bis zum sich im zweiten Stockwerk des Ostflügels befindlichen Karten-Lesesaal. Weil allerdings nur Gruppen von bis zu 35 Personen an der einstündigen Tour teilnehmen konnten, kam es vor dem Eingang zu langen Wartezeiten.
Die 42-jährige Naomi stellte nach ihrer Tour begeistert fest: „Das Warten hat sich aber gelohnt, denn es war total interessant und irgendwie charmant.“ Als Doktorandin verbringe sie viel Zeit in Bibliotheken, weshalb sie der Blick hinter die Kulissen umso mehr gereizt habe. Als nebenberufliche Stadtführerin interessiere sie sich außerdem sehr für die Geschichte Berlins, zu der dieses Gebäude dazugehöre. „Aber vor allem der Führer war authentisch, weil der tief in das Projekt involviert ist.“
Dabei handelte es sich um Jens Andreae, als Projektleiter des BBR für die Planung der Sanierung zuständig. Dem Einladungsversprechen, dass sich die Besucher ein Bild von den Herausforderungen des 1914 eröffneten Gebäudes machen können, wurde er mehr als gerecht, wie mehrere Teilnehmer versicherten. Vor allem die große Kuppel, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war und jetzt wieder auf das zentrale Vestibül aufgesetzt werden soll, fand großes Interesse. Dabei wurde aber auch Unverständnis über die Konstruktion geäußert, da die Kuppel aus dem Raum kaum zu sehen sein wird. Sie originalgetreu wieder aufzubauen, sei allerdings Vorgabe des Denkmalschutzes, gab Andreae zu bedenken.
Aufwendiger Austausch von Fachwerkträgern
Als wohl gravierendste Störung im Bauablauf nannte er den unerwartet notwendig gewordenen Austausch von Fachwerkträgern über der zentralen Treppenhalle. Da die darauf stehenden vier Magazingeschosse an Ort und Stelle erhalten werden sollen, musste die Gesamtkonstruktion komplett ersetzt werden. Das seien die Risiken, die man vorher nicht abschätzen könne und damit auch ein Grund für die Verzögerung und Preissteigerung des Projekts. „Sanierungen in dieser Größe sind aber auch nichts, was man zum Fixpreis im Baumarkt kriegt“, so Andrae.
Die 2003 veranschlagten Kosten von 326 Millionen Euro sind inzwischen auf 470 Millionen Euro gestiegen. Das auch, weil die Inflation damals nicht eingepreist wurde. Würde man das Projekt nach heutigem Stand veranschlagen, würde es mit knapp 450 Millionen Euro zu Buche schlagen. „Das ist nicht teurer, das ist nur mehr Geld.“ Außerdem müsse man sich fragen, was der Erhalt des kulturellen Erbes wert sei. Bei den meisten Besuchern stieß er damit auf Verständnis.
Insgesamt sind im Haus mehr als 650 Arbeitsplätze mit Internetzugang geplant. Fast 130.000 Bücher sind in offenen Regalen direkt zugänglich. Für die besonders wertvollen Bestände gibt es Tresormagazine, die gesichert, gekühlt und beleuchtet werden. In zwei Jahren soll das historische Gebäude wieder komplett begehbar sein. Bis dahin wird mit 107.000 Quadratmetern eine Fläche saniert sein, die größer ist als die des Reichstags oder des Humboldtforums.
Quelle: Berliner Morgenpost