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DIE MITTE e.V.

Baufortschritt am U-Bahnhof Rotes Rathaus


Noch vor kurzem brauchte man ein wenig Phantasie, um zu erahnen, wie der der neue U5-Bahnhof Rotes Rathaus aussehen wird. Inzwischen kann man nicht nur einen Bahnhof erkennen, sondern auch feststellen, was für ein Schmuckstück er wird.

So soll der Bahnhof aussehen, wenn er 2020 in Betrieb geht. Visualisierung: bünck+fehse

Vor anderthalb Jahren hat der Ausbau des künftigen Bahnhofs Rotes Rathaus begonnen, inzwischen hat sich viel getan und ein Ende ist in Sicht. Leitungen wurden verbaut, Schotter eingebracht und Gleise verlegt. Zeitgleich wird die vom Architekturbüro Collignon geplante Innengestaltung für Böden, Wände und Beleuchtung umgesetzt – farblich ist der U-Bahnhof in Schwarz und Weiß gehalten. Derzeit werden die Wände mit handgeschliffenen Terrazzoplatten verkleidet. Die Platten – insgesamt über 5.800 Bauteile aus 2.600 Kubikmetern Betonwerkstein – werden in Babelsberg hergestellt und bearbeitet, bis sie den vom Architekten gewünschten Effekt haben. Zum Schluss wird der Bahnhof mit dem typischen Zubehör wie Fahrscheinautomaten, Entwerter, Anzeigen und Infokästen ausgestattet.

Inspiriert wurde die Gestaltung des Bahnhofs vom Deckengewölbe des mittelalterlichen Berliner Rathauses, dessen Reste bei archäologischen Grabungen freigelegt wurden. Sieben mittig angeordnete Stützen tragen einen Großteil der Deckenlast. Die Stützenköpfe wirken mit ihrer Trichterform wie Pilze und erinnern an das gotische Gewölbe. Kombiniert mit den außenliegenden Bahnsteigen ergibt sich eine offene, großzügige Bahnhofshalle.

Schnittansicht durch den Bahnhof Rotes Rathaus

Schnittansicht durch den Bahnhof Rotes Rathaus. Schnitt: CollignonArchitektur

Um die zwischen 2010 und 2012 gefundenen Überreste des einstigen Rathauses zu schützen, wurden die Lage des U-Bahnhofs Rotes Rathaus und dessen Zugänge noch vor dem Baustart umgeplant. Anstelle eines Eingangs direkt am Roten Rathaus wird hier nun unter Leitung der Senatsverwaltung ein "Archäologisches Fenster" entwickelt, um einen Blick auf die geschichtsträchtigen Fundstücke zu gewähren. Zwei Schiffe der einstigen Rathaushalle bleiben komplett erhalten. Das Fenster wird unabhängig vom Projekt Lückenschluss realisiert.

Der U-Bahnhof Rotes Rathaus verfügt über zwei Ebenen. In der oberen befinden sich die Bahnsteige für die neue U5, in der unteren wird eine viergleisige Kehr- und Aufstellanlage als Ersatz für die Kehranlage Alexanderplatz hergestellt.

Seit Januar 2013 haben die Bauleute für den 140 Meter langen U-Bahnhof über 58.000 Kubikmeter Erde ausgehoben; aus über 41.000 Kubikmetern Beton und über 6.900 Tonnen Betonstahl haben sie beeindruckende Räume bis 16 Meter unter der Erde geschaffen. Sämtliche Materialien und Baustoffe wurden durch relativ kleine Öffnungen im Deckel heraus- und hineingebracht.

„Bis zu diesem Bautenstand waren viele technische und terminliche Herausforderungen in der Bauausführung zu meistern“, sagt Maik Kopsch, Teilprojektleiter Rotes Rathaus. Dazu zählen beispielsweise der geringe Abstand der Baugrube von weniger als drei Meter bis zum Roten Rathaus und die umfangreiche Baulogistik aufgrund der Deckelbauweise. Alle Bautätigkeiten sind dabei unterhalb der zuerst fertiggestellten endgültigen Decke erfolgt, einschließlich der Pilzkopfstützenköpfe. Zuerst musste der Boden bis zur untersten Sohle ausgehoben werden. Danach wurde der eigentliche Bahnhofsneubau von unten nach oben hergestellt. „Dabei mussten die Pfeiler der Pilzkopfstützen präzise auf die bereits fertigen Köpfe treffen“, so Kopsch.

Teilprojektleiter Maik Kopsch.

Das hat ausgezeichnet geklappt, wie man heute sieht. Der Teilprojektleiter weist auf eine Besonderheit in dieser Bauphase hin: „Die verwendeten Spannbetonüberzüge waren lange Zeit an der Oberfläche sichtbar und führten zu häufigen Fragen in der Öffentlichkeit. Man hat dabei die Decke an Stahlbetonbalken aufgehängt, die die Baugrubenwände überbrückt haben. Dadurch konnten alle Arbeiten unter dem Deckel ohne hindernde Hilfsstützen ausgeführt werden.“

Im Mittelpunkt der Bautätigkeiten am Roten Rathaus steht derzeit neben der Innengestaltung die Oberflächenwiederherstellung: Straßen, Laternen und Vegetation werden so wiederhergestellt, wie es vor Beginn des Projekts Lückenschluss U5 ausgesehen hat.

Die Spandauer Straße einschließlich Gehweg ist bereits für den Verkehr freigegeben, die östliche Rathausstraße ist in Arbeit. Der Plan sieht vor, dass bis Ende des Jahres ein Großteil der Oberfläche im Bereich Rotes Rathaus wiederhergestellt ist. Im Jahr 2019 soll dann der Rest komplettiert werden.

Teilprojektleiter Maik Kopsch.

Offene Baustelle

Hintergrund

Seit 2010 wird an der Verlängerung der U5 vom Alexanderplatz bis zum Brandenburger Tor gearbeitet. Das Projekt „Lückenschluss U5“ führt die bisherige U5-Linie am Brandenburger Tor mit der U55 zusammen. So schafft der Lückenschluss U5 die direkte Verbindung von Hönow über den Alexanderplatz bis zum Hauptbahnhof. Neben 2,2 Kilometern Tunnelstrecke entstehen mitten in Berlins historischer Mitte auch die drei neuen Bahnhöfe Rotes Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden. Voraussichtlich ab Ende 2020 soll der Verkehr dann auf der neuen Strecke rollen.

Tipp:

Wer sich selbst einen Eindruck vom Baufortschritt verschaffen möchte, kann im Infowaggon in virtuellen Tunnelwanderungen – gefilmt mit 16 Kameras und einer Drohne – selbst unter Tage gehen.

Aus: MITTE bitte - Ausgabe 4-2018

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